„Grillen ist mein Leben“

Beim TIBO-After Work Talk begeistert Content Creator Sascha Lotzmann mit seiner Geschäftsidee

In seiner Kindheit war Grillen was Besonderes. „Oh cool, heute grillen wir“, hat sich Sascha Lotzmann damals gefreut. Heute verdient der Oldesloer Content Creator mit Grillen sein Geld.

Beim sechsten After Work Talk der Transformations- und Innovationsgenossenschaft Bad Oldesloe (TIBO) am 30. Januar 2025 erklärte er, wie man auf Instagram bekannt wird. Bei diesem Fast & Curious Circle Bad Oldesloe (wir berichteten über den gleichnamigen Gründer-Podcast als Ideengeber) diskutierten 21 Gäste im Digital Learning Campus (DLC) am Konrad-Adenauer-Ring 1 angeregt über Content Creation.

„Als Student habe ich oft im Stadtpark überm Camping-Feuer gegrillt“, sagt der heutige Grill-Fluencer. 2012 schaffte er sich den ersten „Grill mit Deckel“ an – heute hat er 140.000 Follower auf dem Instagram-Kanal „Kuestenglut“. Doch er perfektioniert das Grillen weiter. „Ich bin schon mal nachts mehrfach aufgestanden, um mein Pulled Pork zu verbessern“, erzählt der gelernte Bänker. Ausschlaggebend für den Ehrgeiz war ein anderer Griller, der gesagt habe, er müsse immer besser werden. „Das hat bei mir die zweite Raketenstufe gezündet“, so der 49-Jährige. Nun wollte er, dass sein Account wächst.

Dabei hat alles ganz ohne Ambitionen angefangen. „Ich hatte null Follower auf Instagram und habe festgestellt, dass Grill-Fotos mehr Likes bekommen als Landschaftsbilder.“ Von da an hat Lotzmann täglich gepostet, anfangs immer Neues. Nach einem halben Jahr hat er 100 Follower. In dieser Zeit lernt er unentwegt Dinge wie „Hähnchen kommt nicht so gut an, Rind immer, Schwein ist irgendwo dazwischen“. Doch das Wichtigste ist für ihn von Beginn an seine Authentizität: „Die hat man nur einmal. Wenn man sie verspielt, dann ist es vorbei.“ Mit diesen Weisheiten ausgestattet, erweitert Lotzmann spielerisch seine Reichweite.

Nach einem Jahr hat er bereits 1000 Follower. Nun wurde er gefragt, ob er kostenfrei ein Gewürz testen könne. Da ihm der Geldwerte Vorteil bewusst ist, nimmt er dafür 50 Euro und meldet ein Gewerbe an. Es geht voran – 2017 hat er 10.000 Follower. „Erst hatte ich nur Fotos, jetzt schneide ich Videos für Stories“, erzählt Lotzmann. Dabei behält er die Menschen immer im Auge. Er weiß, dass Algorithmen nur den Job haben, Nutzer längstmöglich auf der Plattform zu halten. Sein Arbeitsaufwand ist groß, nun wollen die Leute auch Rezepte für seine Grill-Arrangements. Er postet mittlerweile ausschließlich auf Deutsch, um dem hiesigen Markt gerecht zu werden.

Seine Zielgruppe wird anspruchsvoller. Lotzmann postet nun „nur“ noch zwei, drei Mal pro Woche. Die Qualität steht im Mittelpunkt. „Ich wollte in meiner Nische besser sein als der restliche Grill-Content. Zu diesem Zeitpunkt hat er 20.000 Follower. Er lernt weiter. Auch die Gäste des Abends wollen lernen – so möchte Kundenberaterin Sandra Dreger sich Anregungen für den neuen Instagram-Account für Zwergpudel holen, den sie mit ihrer Schwester, Kauffrau Luisa Schypula, aufbauen möchte. Dagmar Stucke hingegen benötigt Tipps zur Insta-Nutzung: „Ich möchte meine Reichweite erhöhen und kurze Erklärvideos einsetzen“, so die Gartenbauarchitektin.

Wieviel Zeit Lotzmann investiert? „Für das reine Grillen brauche ich einen halben Tag.“ Dazu gehört Putzen, Zutaten drapieren. Die andere Tageshälfte braucht er für den Video-Schnitt. „Angeguckt werden maximal 35 Sekunden“, weiß Lotzmann. Alles soll möglichst so aussehen, als sei einfach nur spontan mitgefilmt worden. „In der Woche arbeite ich 70, 80 Stunden“, sagt der Griller. Dabei spart er schon Zeit durch Künstliche Intelligenz: „Ich habe der KI beigebracht zu schreiben wie ich.“ So generiert Lotzmann schneller die Texte der bunten Rezepte. Unterstützung bekommt er bei der Arbeit von seiner Frau, die sich um Verwaltung und Kanal-Management kümmert. „Du machst eigentlich drei, vier Marketing-Jobs in einem“, sagt Marketing-Managerin Alexandra Rahming in der Diskussion bewundernd.

Das Schneiden hat Lotzmann sich selbst beigebracht. Er weiß: Follower zu kaufen, bringt nichts, denn so entstehen keine Likes. Der Authentizität bleibt Lotzmann treu: „Ich mag das Thema Grillen so sehr, dass ich lieber für mich alleine grille, als Geld  für etwas zu bekommen, hinter dem ich nicht stehe.“ So lehnt er viele Angebote wie etwa eine Gojibeeren-Barbecue-Sauce zu vermarkten ab. Mit seinen Inhalten versucht Lotzmann seine Follower „irgendwie zu vernetzen.“ Er verwendet anfänglich Hashtags, mittlerweile Keywords, folgt Trends, postet regelmäßig – insbesondere zu Zeiten, die sich bei seiner Zielgruppe bewährt haben. Mittlerweile nutzt der Grill-Fluencer alle Formate – von Karussell-Posts [kleine Diashow mit bis zu 10 Videos oder Bildern] über Reels [maximal 90-sekündige Videos] bis hin zu Shorts [maximal 60-sekündge Videos]. Auch auf Tiktok ist Lotzmann dabei. Bis er Geld pro Video erhalten habe, seien fünf bis sechs Jahre vergangen.

Was die Herausforderung an seinem Job ist? „Wenn man einen Hit hatte, wollen die Leute mehr davon“, sagt Lotzmann. Der Haken daran sei, dass durch das Bedienen spezieller Nischen schnell Nutzer mit anderen Vorlieben verloren gingen. Dass er heute mit dem Grillen Geld verdient, bezeichnet Lotzmann als „Glück, keine bewusste Entscheidung.“ Mittlerweile hat er viele Jahresverträge, pflegt Kooperationen und lebt von seiner Leidenschaft. „Ich mache nicht nur Werbung, sondern produziere auch“, verrät er. Die Weihnachtsgans bezeichnet Lotzmann lange Zeit als seine „Entgegnerin“: „Sie wurde erst so zäh, dass wir sie in Soße ertränken mussten.“ Doch Lotzmann hat Biss: Er experimentiert so lange mit Holzkohle- und Gasgrill, bis er mit „seiner“ Gans zufrieden war. Glücklicherweise hat er genügend Abnehmer:innen all seiner Grillerzeugnisse.

„Cool war Corona“, erzählt Lotzmann hinsichtlich seiner Erfolgsentwicklung. Wer nicht selbst raus müsse, gucke gern bei ihm zu. Den Gästen empfiehlt er Mitarbeitergewinnung über Instagram: „Das funktioniert oft sehr gut.“ Punkten könnten Unternehmen mit Expertenwissen – gerade „unemotionale Themen wie Informatik und Finanzwesen“, wie Marketing-Managerin Anna Schäckel ergänzt. Das ist Dr. Manja Hellers Thema: „Ich nehme von der Veranstaltung mit, dass es sich lohnt, mit dem Content mutiger zu werden, Gesicht zu zeigen, auch mal zu polarisieren“, so die geschäftsführende Beraterin aus Geesthacht.

Lehrerin Christina Tippel fragt sich, ob Lotzmanns Thema eventuell sinnvoll fürs Bildungswesen wäre. Darauf dessen Antwort: „Ich komme auch gern in die Schule.“ Dort könnte er dann das häufig verfälschte Bild vom „Traumjob“ Influencer geraderücken und klarstellen, „wofür man was tun muss“, so Gründer Thomas Benthien, für den der Abend Weiterbildung ist. Auch Sven Jürgens „war nicht klar, wie aufwändig dieser Job ist“, so der Informatiker anerkennend. Zu Lotzmanns größten Erfolgserlebnissen gehört etwa eine Einladung nach Südspanien, wo Iberico-Schweine Eicheln fressen; oder nach Irland, wo er zum Thema Irish Beef mit Sterneköchen zusammentraf.

Wie lange Lotzmann diesen Job noch machen will? „Bis ich keinen Bock mehr auf Grillen habe oder damit kein Geld mehr verdiene.“ Schließlich ist Grill-Fluencer sein Traumjob: „Im Ruhestand würde ich noch genau so oft grillen, nur ohne Kamera.“ Bereits jetzt grille er ein-, zweimal im Jahr nur für sich. Im Gegensatz zu seinem Sohn hat Sascha Lotzmanns Vater, als Sascha fünf war, nicht oft gegrillt. Gerade deshalb ist es für den Content Creator etwas so Besonderes.

JOHANNA EGGERT

Impressionen des Abends

Bilder: Nathalie John


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