Begeisterung im Team: Wie Führungskräfte Transformation vorantreiben

Bad Oldesloe. „Suche Dir ein Umfeld, in dem Du keine Angst hast.“ [Amy Edmondson]. Denn nur dann kann Psychologische Sicherheit entstehen. Wie Führungskräfte begeistern und fördern können, um eine angstfreie Arbeitskultur zu schaffen, brachte Referentin Elizabeta Gorgievska den 17 Anwesenden am 29. Februar im Pop-Up Coworking-Space am Konrad-Adenauer-Ring 1 näher. Titel des zweiten Impuls-Vortrags der Transformations- und Innovationsgenossenschaft Bad Oldesloe (TIBO) lautete: „Psychologische Sicherheit in Unternehmen – Was können Führungskräfte tun?

Sie können nichts sagen, aus Angst vor Konsequenzen. Jedoch gibt es einen besseren Weg, „sie können aktiv werden“, sagt Beraterin Gorgievska von der diffferent GmbH für Neues Wachstum. Beim “Projekt Aristoteles” fanden Google-Forscher heraus, dass die leistungsstärksten Teams eine hohe Psychologische Sicherheit zeigen. Führungskräfte sollten dies durch verantwortungsvolle Führung, klare Kommunikation, festgelegte Team-Regeln, eine starke Feedback-Kultur und konstruktiven Umgang mit Konflikten fördern, um eine Umgebung zu schaffen, in der Mitarbeiter und Teams hervorragende Leistungen erbringen können.

Wichtig sei dabei, „eigene Stärken auszubauen, sich auf Fähigkeiten zu fokussieren“, so die Strategin, die gemeinsam mit Unternehmen neue Wertesysteme und andere Routinen entwickelt. Zudem sei es einfach, Team-Mitglieder bei Bedarf um Hilfe zu bitten – „doch viele trauen sich nicht“, sagt die Change-Managerin. Risiken einzugehen ist nur dann uneingeschränkt möglich, wenn dies „im Unternehmen erlaubt ist.“ Es muss also eine Atmosphäre Psychologischer Sicherheit herrschen. Der Satz „Äußere Dich nicht, wenn Vorgesetzte anwesend sind“ hingegen ist ein Indikator für fehlende Psychologische Sicherheit. Um Missverständnissen vorzubeugen, stellt Gorgievska jedoch klar, dass Psychologische Sicherheit nicht vor Feedback, Fehlern, mangelnder Kompetenz oder gar Entlassung schützt. Aber sie kann einem potentiellen Arbeitgeber in Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden Ansprüchen junger Leute einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Beraterin Gorgievska von der diffferent GmbH

In Bezug auf Letztere kommen vier Zonen in Frage, in denen sich Teams in Unternehmen befinden können: Komfort-, Leistungs-, Apathie- und Angstzone. In der Leistungszone wird viel verlangt. Die Team-Mitglieder fühlen sich dort sicher und wagen sich an Neues heran, um hohe Leistungen zu bringen. „Das ist die Idealzone, da wollen alle hin“, sagt die Unternehmensberaterin. Es müssten Menschen gefunden werden, die aus der Komfort-Zone herauswollen – schließlich gebe es „das Bedürfnis, eigene Ressourcen einzubringen“, sagt Jurist Rüdiger Hintze. Change-Managerin Heike Walter hingegen wirft ein, „dass Leistung nicht bedeutet, immer am Limit zu sein.“ Hier stellt sich die Frage, welches Menschenbild hinter dem Begriff Leistung steht. Aus Sicht des Personalwesens wiederum hat Leistung etwas mit der Diversität der Mannschaft zu tun. Entscheidend dabei ist, dass Führungskräfte ein Klima schaffen, in dem Menschen angstfrei Leistung bringen können. So können weder burnout noch boreout entstehen.

Über den Punkt Rollen und Verantwortung wird ebenfalls rege debattiert. Banker Torben Schmahl plädiert für „Rollenklarheit.“ Change-Managerin Heike Walter hingegen merkt an: „Rollen können sich auch ändern.“ Marketing-Expertin Gorgievska nennt das Beispiel Kostenverantwortung. „Wenn hier jemand den Hut trägt, muss ich mich selbst nicht kümmern.“ Wichtig sei eine empathische Führungskraft, die ihrem Team auf Augenhöhe begegne. Auch der Unterschied zwischen operativer und strategischer Rolle wird aufgeworfen.

Der von Edmondson entwickelte Fragebogen zur Messung des Grades Psychologischer Sicherheit im Zusammenhang mit Teamleistung in Organisationen weckt ebenfalls Interesse im Auditorium. Hierbei geht es darum, mit Hilfe von vier Dimensionen (Risiko, offene Kommunikation, Hilfsbereitschaft, Diversität) herauszufinden, wo sich das eigene Team befindet. „Dieser Fragebogen ist gut als Hilfestellung beim Transformationsprozess“, sagt Biotechnologin Anke Eichmann. Sie habe die Hoffnung, als Führungskraft schon einiges zu schaffen – „Feedback und Fehlerkultur kann ich aber eventuell noch ausbauen.“ Wichtig sei, dass die jeweilige Führung offen für Veränderung ist. Beispielsweise so: „Danke, dass Du den Mut hast, das offen anzusprechen.“ Anstatt: „Ich höre mir diese Kritik nicht länger an. Das führt zu nichts.“ [„The Psychological Safety Playbook“, Folien Elizabeta Gorgievska]

Ob Rechtswissenschaft, Wissenschaft, Wirtschaft, Beratung, Geophysik, Gründerszene, Schul-, Personal-, Stiftungs- oder Elektroingenieurwesen – Die Anwesenden aus Stormarn und Hamburg hatten verschiedenste Hintergründe. Einer differenzierten Debatte stand also nichts im Wege – frei nach dem Motto gut funktionierender Teams: Ein gemeinsamer Sinn, leistungsorientierte Ziele, sich ergänzende Kompetenzen sowie gegenseitige Verantwortung. „Ein kollegiales Miteinander ist wichtig für Schulen, auch in Bezug auf Lehrergesundheit“, betont Schulentwicklungsberaterin Vivien Kerber. Daher sind für sie die genannten Kriterien erfolgreicher Teams ausmachen besonders spannend. Diese werden ergänzt durch die Selbstbestimmungstheorie, die davon ausgeht, dass Individuen durch drei Verhaltensweisen – Autonomie, Zugehörigkeit und Kompetenz – innerhalb des Teams intrinsisch motiviert werden.

Was nehmen die Gäste von dem Abend mit? Ich will mit dem Wissen und Input Teams verbessern“, sagt Elektroingenieur Nils Jensen aus Hamburg. Lehrerin Madlen Hempel hingegen hat „den Wunsch, manches noch offener zu sagen.“ Für Thekla Hantusch schließlich ist die Quintessenz des Abends: „angstfreies Fragen“, so die Architektin. Unabhängig von einer spezifischen Rolle möchte sie diesbezüglich noch unerschrockener werden.

TEXT: JOHANNA EGGERT


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